Minimalismus auf dem Land: Ist das möglich? Gespräch mit Ronja

Minimalismus auf dem Land: Ist das möglich? Gespräch mit Ronja

Heute ist Ronja bei mir zu Gast. Ronja ist Hörerin des Frugales-Glück-Podcasts und erzählt, wie sie ihre Kaufsucht überwunden und zum nachhaltigen Minimalismus gefunden hat.

Wir sprechen über Minimalismus und Elternzeit, den Sinn von Sparsamkeit und bewusstem Konsum, gesellschaftliche Arbeitsmodelle und die Kosten eines Autos. 😅

Außerdem berichtet Ronja von den Herausforderungen, die das minimalistische Leben auf dem Land mit sich bringt, und welche Unterschiede es im Vergleich zur Stadt gibt.

Zum Schluss gibt Ronja Tipps, wie es gelingt, mit Minimalismus anzufangen.

Freu dich auf ein vielseitiges und spannendes Gespräch mit Ronja!

Shownotes:

Transkript

Marion
Hallo liebe Ronja, herzlich willkommen im Frugales-Glück-Podcast! Stell dich doch bitte einmal vor, wer bist du und was machst du?

Ronja
Liebe Marion, vielen Dank für die Einladung!
Ich bin Ronja, ich bin 30 Jahre alt und habe zwei Kinder und arbeite als Fotografin. Wir sind mit meinem Mann wieder aufs Land gezogen, weil wir dachten, dass es besser ist, Kinder „auf dem Land bei den Großeltern“ großzuziehen.Allerdings gab es manchmal einige Schwierigkeiten als Minimalistin.

Marion
Ja, superinteressant! Darüber sprechen wir im zweiten Teil. Du hast auch gesagt, dass du früher kaufsüchtig warst. Beschreib doch mal, wie das war.

Ronja
Also, schon während der Schule musste ich nebenbei arbeiten. Ich habe relativ viel Taschengeld bekommen, aber ich wollte mir immer alles kaufen können, was ich möchte. Das hat sich dann auch im Studium fortgesetzt. Ich habe viel gearbeitet, nicht weil ich es musste, sondern weil ich mir wirklich viele neue Handys gekauft habe – jedes Jahr ein neues Handy – und auch viele Klamotten. Ich hatte aber gar nicht so ultra viel, weil ich auch nie ein Problem hatte, die Sachen wieder loszuwerden. Ich hatte kein Trennungsproblem. Im Studium … Soll ich schon erzählen, wie ich den Minimalismus entdeckt habe?

Marion
Klar!

Ronja
Genau. Wir hatten keinen Fernseher, aber ich habe mich trotzdem immer gerne auf YouTube berieseln lassen. Da habe ich einen Account entdeckt, der minimalistisch lebte und immer gezeigt hat, was sie hat, was sie in ihre Handtasche mitnimmt, was sie für einen Kleiderschrank hat, und so weiter. Ich fand es total faszinierend. Es war so ein ästhetischer Minimalismus; alles hat zueinander gepasst und war perfekt aufeinander abgestimmt. Das fand ich dann spannend und war total motiviert, auszumisten. Außerdem ist mir zu der Zeit aufgefallen, dass mein Nebenjob bei einer Fast-Fashion-Kette gerade während des großen Sommerschlussverkaufs war. Ich stand an der Kasse und sah, was da alles über den Tresen ging. Ich dachte mir: „Du brauchst das gar nicht. Du kaufst das nur, weil es billig ist.“ Hätte ich nicht ein paar Wochen vorher die Videos angeschaut, hätte ich wirklich massenweise Zeug gekauft. Das hat mir die Augen geöffnet, aber es hat trotzdem noch nicht ganz mein Problem gelöst.

Ronja
Ich habe dann dieses One-In-One-Out-Prinzip eingeführt, dass ich immer etwas aussortiere, wenn ich etwas Neues kaufe, aber ich hatte trotzdem noch ganz viele Kaufwünsche.

Marion
Also war das dein Problem?

Ronja
Genau.

Marion
Deine Kaufwünsche waren das Problem?

Ronja
Ich weiß nicht, woher die kamen, aber es war schon irgendwo minimalistisch. Ich hatte nicht viele Sachen, aber ich habe trotzdem ultra viele Dinge gekauft. Ich habe einfach nur ganz viel immer ausgetauscht.

Marion
Was hast du dann mit den Sachen gemacht?

Ronja
Damals habe ich tatsächlich auch viel weggeschmissen. Was? Ja, wenn ich jetzt heute darüber nachdenke, habe ich auch einiges weitergegeben oder verkauft, aber ich wollte immer alles ganz schnell loswerden und dann: „Jetzt kann ich mir was Neues kaufen. Ich habe ja nur fünf Paar Schuhe, da kann ich mir jetzt neue Schuhe kaufen.“ Das hat mein Problem eigentlich nicht gelöst. Was dann wirklich zu einer riesengroßen Veränderung führte, war, als ich Mutter wurde. Da war es so, dass ich den ganzen Tag mit meinem Baby zu Hause war und es ziemlich langweilig fand. Ich dachte mir: „Ach Mann, es wäre schön, wenn mein Mann auch zu Hause wäre. Dann könnten wir das zusammen machen.“ Er war gerade in einer Übergangszeit und hatte einen Job, und dann habe ich gesagt: „Weißt du was? Ich bekomme ja Elterngeld. In Deutschland bekommt man ja 65%, glaube ich, vom Gehalt, für ein Jahr. Du kannst doch deinen Job einfach hinschmeißen und auch zu Hause bleiben.“ Und dann hat er gesagt: „Ja, wie soll das gehen?“

Ronja
Irgendwas müssen wir erleben. Da habe ich gesagt: „Ja, vom Elterngeld.“ Und da war dann wirklich ein Punkt, wo ich gelernt habe, wie man mit wenig Geld umgeht, und es hat super funktioniert.

Marion
Also hat er wirklich den Job geschmissen?

Ronja
Genau. Er hat den Job …

Marion
Das ist ja eine coole Geschichte!

Ronja
Genau. Es war jetzt auch, wie gesagt, nicht sein Traumjob. Er hat gerade bei der Post gearbeitet und fand es auch ziemlich cool, so viel mit unserem Sohn im ersten Babyjahr mitzubekommen. Wir waren dann wirklich neun Monate zusammen zu Hause.

Marion
Das ist ja ein Träumchen!

Ronja
Das war wirklich toll, ja. Und das hat mir irgendwie dann krass die Augen geöffnet, weil ich mir dann auch … Da habe ich dann auch gedacht: „Hey, krass, wieso machen so wenige generell Eltern Zeit? Also viele machen ja gar keine oder nur einen Monat. Ich dachte mir, bestimmt würde das doch gehen, wenn man einfach weniger konsumieren würde und sich so ein bisschen einschränken würde, aber man hat ja auch total was davon.

Marion
Genau.

Ronja
Und auch mit dem Kind hat dann auch generell der Wunsch, nachhaltig zu leben und da ein bisschen aktiv zu werden. Und da hat sich dann wirklich sehr vieles geändert. Ich habe dann auch nichts mehr weggeschmissen, was ich aussortiert habe. Wir haben dann angefangen, wirklich nur noch gebraucht oder fair produziert zu kaufen und ziehen das auch eigentlich voll durch. Also klar, ich will jetzt mal sagen, zu 90%, das ist immer mal ein Ausreißer dabei, aber so an sich ist das unser Anspruch und das spart natürlich total viel Geld. Und generell versuchen wir einfach, jetzt wenig zu konsumieren, bewusst zu konsumieren und ich merke, wie toll das ist, dass ich nicht so viel arbeiten muss, weil ich einfach mit dem Geld klarkomme.

Marion
Aber dein Mann hat dann wieder einen Job angenommen, oder habt ihr das so weitergelacht? Nein.

Ronja
Es ist jetzt so, der hat noch mal eine Ausbildung angefangen, in Da konnte jetzt auch keine Elternzeit mehr nehmen dann leider. Aber ich plane gerade schon, wie er dann vielleicht, wenn die Ausbildung zu Ende ist, noch mal ein Jahr oder ein halbes Jahr zu Hause bleiben kann, weil er jetzt in der Ausbildung dann schon auch wieder viel weg war. Genau. Aber ich glaube, dass das viel mehr Familien so machen könnten, wenn man einfach zum dass, zum Beispiel, keiner zwei Autos hat oder kein Haus oder einfach, dass so Konsum und Minimalismus auf viele Fragen auch eine Antwort ist.

Marion
Ja, das ist ja total spannend. Du hast dann das Problem, von dem du gesprochen hast, eigentlich war das ja, dass du keine richtige Motivation hattest, oder? Du wolltest immer neue Dinge haben, aber du wusstest gar nicht, warum soll ich jetzt aufhören, neue Dinge zu haben? Ich kann mir das ja kaufen. Warum soll ich das nicht kaufen? Ja, voll. Und wenn man dann merkt, okay, aber ich kaufe mir sozusagen, ich verkaufe damit meine Lebenszeit. Total. Dann ist es ja ein riesiger Switch, dann zu sagen: „Okay, ich kaufe einfach den ganzen Kram nicht, den ich eigentlich sowieso nicht brauche und habe viel mehr Zeit für Dinge, die ich wirklich gerne mache. Und dann das Beispiel Elternzeit ist ja großartig. Das ist eine coole Verbindung auch mit diesem Geldthema, also mit Geldsparen und Fokalismus und so weiter, was viele Ich glaube, viele Menschen verbinden Minimalismus nicht unbedingt damit oder das scheint irgendwie so was ganz anderes zu sein, aber ich finde das ist eigentlich ziemlich logisch, dass wenn man weniger konsumiert, dann hat man einfach mehr Zeit, muss man nicht so viel arbeiten.

Ronja
Ja, das stimmt. Aber ich habe auch immer mich so bei Frugalisten dann umgeschaut und Blogs mir angeguckt oder so und da dachte ich immer: „Krass, wie können die das? Und das war für mich so unerreichbar, dass ich wirklich so richtig frugal leben kann. Und jetzt ist es immer noch so, dass wir zum Beispiel viel Geld für Biolebensmittel oder so ausgeben, also wir könnten viel weniger ausgeben, aber jetzt für Konsum oder so oder generell, dass ich da auch diese … Ich meine, wir haben jetzt zwei Kinder und ich habe trotzdem, denke ich mir, wir können das auf jeden Fall hinkriegen, dass wir jetzt sparen, dass mein Mann dann mal wieder sechs Monate oder ein Jahr einfach nicht arbeitet und dass wir dann von dem Erspaten und von dem, was ich noch verdiene, einfach leben können.

Marion
Das ist echt ein total cooles Modell. Ich denke gerade daran, in Belgien ist es so, dass die Leute geben die Kinder nach drei Monaten in die Kita. Das ist Standard, weil alle arbeiten Vollzeit. In Deutschland ist es eher so, dass die Mütter dann oft oder jetzt mittlerweile vielleicht auch die Väter halbtags arbeiten, aber hier ist es wirklich so auf jeden Fall Vollzeit, weil sonst können sie ja die Häuser, die sie kaufen, die Raten nicht bezahlen und das ist einfach ein Wahnsinns hamsterraten. Deswegen in Flandern, ich glaube, die höchste Selbstmordrate in Westeuropa gibt es so einen Wikipedia-Artikel und das ist ja kein Zufall. Und was auch dann mit den Kindern passiert, die mit drei Monaten dann … Also die sind echt von morgens acht bis 18 Uhr dann in der Kita, nicht so wie in Deutschland, Eingewöhnung, dann paar Stunden und so. Hier ist es echt, mein Gott, totales Gegenteil. Also ihr seid ja ein total schönes Vorbild, finde ich.

Ronja
Ja, ich denke mir auch immer, ich fände das einfach total cool. Es heißt immer „Ja, Frauen sollen mehr Vollzeit arbeiten und ich denke mir immer, sollten nicht einfach alle mehr Teilzeit arbeiten? Das wäre viel cooler. Aber man muss natürlich auch dazu sagen, wir haben auch kein Haus als eine der wenigen auf dem Land. Hier haben eigentlich wirklich fast alle die Kinder haben ein Haus, aber ich bin so glücklich damit, dass ich hier einfach jederzeit sagen kann, ich breche die Zelt hier wieder ab und habe geringe Fixkosten und so. Das ist mir viel mehr wert und eben auch weniger Arbeitszeit.

Marion
Ja, also ihr seid dann aufs Land gezogen. Erzähl doch mal, wo habt ihr vorher gewohnt?

Ronja
Wir sind beide hier auf dem Land aufgewachsen und waren dann zum Studium in Regensburg. Also das ist jetzt auch keine Großstadt, aber immerhin 150.000 Einwohner. Und da hat es uns total gut gefallen. Da haben wir auch ohne Auto gelebt und alles. Das war super. Und dann hatten wir so einen Kinderwunsch und wir haben beide ein sehr enges Verhältnis zu unseren Omas gehabt, als wir klein waren. Und die haben auch beide, weil unsere Mitarbeiter berufstätig waren und hier natürlich auch nicht so eine große Kita-Betreuung auf dem Land, haben die Omas da sehr mitgeholfen. Wir haben das nie in Frage gestellt. Für uns war das klar: „Ja, wenn wir Kinder wollen, dann müssen wir zurück. Aber wir sind nicht zurück, weil wir es hier so toll finden, sondern wegen unseren Familien. Es ist jetzt auch so, dass die uns wahnsinnig viel unterstützen und dass das auch sich jetzt vor allem auch für die ersten Jahre total gelohnt hat, erst mal hier zurückzukommen, weil unsere Kinder sind auch sehr nah beieinander gekommen, also nur 15 Monate Abstand. Das war dann auch sehr anstrengend und da Da bin ich auch froh, dass die alle da waren, aber wir sind beide nicht so sicher, ob das uns so reicht.

Ronja
Manche Dinge sind einfach hier schwierig, zum Beispiel jetzt auch Thema Haus. Es ist so, die Spielplätze sind einfach so oft Menschen leer, weil alle ihren eigenen Spielplatz zu Hause haben. Die haben alle ihren Garten und ihre Schaukel und ihre Rutsche. Es ist so oft, wir sitzen da und denken: „Hier, warum ist keiner hier. Manche finden es ja auch vielleicht toll, wenn der Spielplatz leer ist, aber ich finde es eigentlich voll schade, wenn dann gar keine Kinder zum Spiel da sind. Und das ist so dieses eine, jeder besitzt alles selber. Es wird wenig gemeinschaftlich genutzt und das finde ich total schade. Das ist in der Stadt ganz anders auf jeden Fall.

Marion
Das ist interessant mit dem Gärten, das ist mir auch aufgefallen. Ich bin ja auch regelmäßig bei meiner Mutter zu Gas und die wohnt auch genau in so einem … Es klingt ähnlich, wo Die Leute haben aber da nicht nur eine Schaukel und eine Rutsche, sondern die haben Trampoline und auch fast Swimming Pools ist mittlerweile, irgendwie so riesen Dinger. Und das ist echt wie ein privater Spielplatz, den jeder in seinem Garten hat. Das finde ich echt krass.

Ronja
Ja, und das ist echt … Also das finde ich ein bisschen schade. Und auch Thema Auto. Ich kenne ja alle deine Folgen und ich weiß ja auch deine … wie du da zustehst. Und ich finde auch, man kann natürlich überall ohne Auto leben, aber es ist viel, viel schwieriger auf dem Land. Also bei uns ist zum Beispiel so unser Kinderarzt, das ist der nächste, den es gibt, der ist 14 Kilometer weg.

Marion
14?

Ronja
14, ja. Und das ist wirklich der nächste in unserem Umfeld. Und es gibt kein öffentliches Verkehrsmittel, was den Kinderarzt anfährt. Und ich muss ehrlich sagen, ich war noch nie mit dem Fahrrad beim Kinderarzt, weil mir das einfach zu weit ist, mit kranken Kindern dahin zu fahren.


Marion
Ja, das ist ja Wahnsinn. Mein Quatsch da über die Autos ist natürlich alles ein bisschen lustig gemeint. Ich meine, das ist gar nicht so ernst. Ich gehe da aufs Nachrichten und Leute mir irgendwelche Sachen schreiben, aber natürlich braucht man dann in dem Fall ein Auto.


Ronja
Ich fühle mich davon auch null angegriffen. Ich versuche hier alles, zum Beispiel in die Kita oder so, da fahre ich immer mit dem Fahrrad oder ich versuche das immer, aber ich merke, man kommt echt an seine Grenzen und das nervt mich aber total, weil Auto ist natürlich dann auch wieder ein Kostenfaktor.


Marion
Ich habe gar keine Erfahrung mit Autos, weil ich habe noch nie eins besessen. Ich bin nur kurz, als ich 18 war und den Führerschein gemacht habe, den mein Opa mir spendiert hat, worauf er ganz stolz war, gefahren und dann wieder aufgehört. Wie viel kostet denn so ein Auto eigentlich im Jahr?


Ronja
Ich kann mal kurz. Ich habe eine App, wo ich alle meine Ausgaben eintraffe. Ja, sehr gut. Da kann ich mal kurz gucken, was ich beim Thema Auto … Moment. Dieses Jahr habe ich jetzt ohne Sprit, nur Reparatur und Versicherung, 3.000 € schon ausgegeben.


Marion
Oh, krass.


Ronja
Es war jetzt Pech. Wir haben neue Bremsen gebraucht und so was, aber das kann ja immer passieren.


Marion
Oh, krass. Das hätte ich gar nicht gedacht.


Ronja
Das ist jetzt nur der Sprit und Ohne Sprit, ja. Das ist wirklich nur die Werkstattkosten und so weiter. Und das Auto ist jetzt aus dem Baujahr 2015.


Marion
Jetzt keine alte Eine Schrottmühne. Nein, nein.


Ronja
Also es ist schon krass.


Marion
Ja, und der Sprit, na ja, wie viel bezahlt man dann so im Monat, wenn man nicht so oft fährt?


Ronja
Das ist bei uns gerade das Problem, dass mein Mann zur Arbeit pendelt, also zu der Ausbildung. Deswegen ist es bei uns auch noch mal 400 €. Ultra viel. Aber das ist Ende zum Glück im nächsten Sommer. Ist das zum Glück vorbei. Aber sonst, wenn man nicht viel fährt, zwischen 50 € auf jeden Fall. Ja, krass. Interessant.


Marion
Das war mir gar nicht so klar. Aber die Wandbreite kann dann natürlich sehr groß sein. Man kann Glück haben und es sind nur 70. Das stimmt. Ich weiß nicht, die Versicherung, aber vielleicht kommt man auf 100 dann im Monat. Ja. Das ist schon das untere Ende, oder?


Ronja
Ja, würde ich schon sagen. Wir haben Das ist auch einfach ein Opel. Das ist jetzt auch kein besonderes Auto, was jetzt irgendwie auch besonders teuer wäre in der Reparatur oder so, wobei ich mich da auch nicht auskenne. Vielleicht ist das auch gar nicht so. Ich will jetzt auch hier keinen Quatsch erzählen. Ich kenne mich auch nicht aus mit Autos, aber es ist auf jeden Fall was, was einen nervt, wenn man auch das Leben ohne Auto gekannt hat, wo die Wege einfach kürzer waren. Oder auch selbst zum Yoga, das ist auch 14 Kilometer weg und das ist das nächste Ashtanga-Joga, was es für mich gibt. Und es ist so, an dem Tag, wo ich Yoga habe, kommt mein Mann von der Arbeit daheim. Wir geben uns die Türklinke in die Hand, damit ich schnell dahinfahren kann. Also ich hätte gar keine Zeit, da mit dem Fahrrad noch hinzufahren. Und nach eineinhalb Stunden Yoga-Praxis habe ich eigentlich auch nicht Lust, noch 30 Kilometer Fahrrad zu fahren.


Marion
Nein, das kann ich total verstehen. Du machst ja auch Ashtanga-Yoga. Das ist cool.


Ronja
Ja, da hast du mich ja drauf gefragt.


Marion
Echt?


Ronja
Ja, ich kannte das nicht. Du hast es mal erwähnt. Ich fand das so spannend, weil du gesagt hast, du findest das auch so, weil es so eine Mischung aus Meditation und Bewegung und so ist und dann fand ich das irgendwie spannend. Und dann habe ich geguckt: Gibt es das wohl bei uns auch? Und da gab es eine Adresse.


Marion
Ja, immerhin.


Ronja
Ja, ich war auch erstaunt.


Marion
Wieso habt ihr euch denn dazu Wie habt ihr entschieden, ihr wohnt in einem Haus, hast du gesagt, zu mieten und nicht zu kaufen?


Ronja
Wir wohnen in einer Wohnung.


Marion
In einer Wohnung, okay.


Ronja
Genau. Tatsächlich ist es lustig, dass jetzt das Haus Das ist ein Zweifamilienhaus, aber es wohnt sonst niemand außer uns hier drin. Die untere Wohnung steht leer und jetzt ist das Haus zu verkaufen. Wir könnten es kaufen, aber es wäre für mich einfach … Ich sehe mit einem Hauskauf nur Arbeit. Es ist ja ständig auch jetzt irgendwas kaputt, ob es jetzt der Rolladen ist und wir kennen uns überhaupt nicht aus, handwerklich, und haben da auch überhaupt keinen Spaß dran. E Wie gesagt, wir sind so ein bisschen für den Garten mit zuständig, also müssen den Rasen mähen und so. Und ich muss ehrlich sagen, noch mehr will ich eigentlich auch gar nicht machen. Es ist schon viel Zeit, die da draufgeht und irgendwie ist es mir das nicht wert. Ich sehe hier alle Hausbesitzer, die sind den ganzen Samstag immer am Arbeiten am Haus und müssen irgendwas machen, in Standhalten, sich kümmern und das wäre für uns beide nichts.


Marion
Das muss man schon mögen. Ich glaube, für einige Leute ist das echt ein nettes Hobby.


Ronja
Ja.


Marion
Dann ist es ja vielleicht eine gute Idee, aber für andere … Ich hätte auch keine Ahnung, was ich da machen sollte.


Ronja
Ja.


Marion
Und was sagst du zu dieser Theorie, was ja viele Leute sagen: „Na ja, aber wenn du jetzt mietest, du könntest ja genauso gut die Miete als Kredit abbezahlen, oder hättest du nach 15, 20 Jahren dein Haus, deine Wohnung und so weiter. Was sagst du dazu?


Ronja
Ich glaube, dass das nicht mehr so ist. Also vor allem jetzt mit den hohen Zinsen, das, was ich jetzt hier anmiete, zahle, so eine geringe Rate hätte ich nirgends. Wir haben jetzt auch, muss man dazu sagen, obwohl wir jetzt viel sparen, haben wir gerade noch nichts angespart, weil wir haben jetzt erst mal unsere Studienkredite zurückbezahlt. Die hatten wir nämlich auch noch zusätzlich. Das heißt, wir sind jetzt gerade komplett schuldenfrei und haben so ein kleines Polster, aber wir haben jetzt kein großes Eigenkapital, zu sagen, wir zahlen jetzt mal 50.000 oder noch mehr an und haben dann nur eine Rate von 1.000 € im Monat. Ich glaube, solche Raten gibt es gar nicht mehr.


Marion
Ich habe das neulich mal mit ChatGPT gerechnet.

Ronja
Ja?

Marion
Weil ich habe überlegt mit meinem Freund, wir haben überlegt zusammenzuziehen, und dann kam auch wieder dieses Argument: „Na ja, die Miete ist ja gleich die Rate und so weiter. Und wenn man nur 13 oder 15 Jahre abbezahlen will, dann muss man schon so 1.500, 1.600 zahlen, also in Antwerpen. Aber in Antwerpen ist es eigentlich sogar günstiger als in einigen Teilen Deutschlands. Also, ich finde, 1.500, 1.600 sind gar nicht so wenig. Und dann kommen ja noch diese ganzen Transaktionskosten dazu. Das vergessen ja auch viele. Man muss kaufen, und dann gibt es den Notar und so weiter. Und dann habe ich hier noch so ein paar Leute, die sagen so etwas wie: „Na ja, aber wenn du es nicht mehr haben willst, kannst du es ja wieder verkaufen. Aber das ist natürlich auch eine Milchmädchenrechnung, weil dann hat man wiederum diese Verkaufskosten, und man macht eigentlich nur einen Verlust.

Ronja
Und man muss auch immer etwas auf der hohen Kante haben für eben große Reparaturkosten oder so. Also, ich glaube, eine Wohnung würde ich vielleicht sogar noch eher kaufen als ein Haus, weil da eben dieser große Außenbereich wegfällt, um den man sich kümmern muss. Aber trotzdem, wir sind einfach zu unbegabt in handwerklichen Dingen und auch zu desinteressiert, das selbst hinzubekommen. Ich wüsste einfach, wir hätten dann nie die Möglichkeit zu sagen: „Wir arbeiten jetzt mal ein paar Monate weniger oder gar nicht“, weil wir einfach diese hohe Summe jeden Monat zahlen müssten. Das wäre eine Belastung für mich, also so eine Verpflichtung einfach.

Marion
Und du musst dann da auch wohnen bleiben?

Ronja
Genau. Wir haben mal hier eine Idee oder da eine Idee. Die kannst du ja dann auch gar nicht verfolgen, und du bist dann einfach gebunden, und das ist, glaube ich, nichts für mich.

Marion
Gibt es noch andere Herausforderungen des Minimalismus auf dem Land? Du hast gesagt, das mit den Spielplätzen, dass die Leute alles selber haben und nicht so richtig teilen, und das mit dem Auto.

Ronja
Genau. Was ich auch noch finde – das ist jetzt vielleicht auch nur bei uns so –, aber wir haben eine Bücherei, die wir nutzen, aber die Bücherei in unserem Ort hat gar kein Online-Angebot. Die hat nur ein paar Bücher. Deswegen sind wir in der nächsten Stadt, die ist 10 Kilometer weg, die ist ein bisschen größer und hat auch ein Online-Angebot, aber wirklich sehr wenig. Es gibt so eine YouTuberin, die auch Minimalistin ist, die immer zeigt, was für tolle Bücher sie alle aus ihrer Bücherei geliehen hat. Sie wohnt in München, und ich denke mir immer: „Leider ist keines davon bei uns verfügbar.“ Oder auch so Leihhäuser oder so, so etwas gibt es hier gar nicht. Man muss einfach immer alles besitzen.

Marion
Gibt es einen Bücherschrank?

Ronja
Es gibt einen Bücherschrank, ganz neu. Ich habe schon mal etwas reingestellt, aber habe noch nie etwas gefunden, was mich interessiert hätte. Das heißt aber auch nichts. Andere finden da bestimmt etwas. Ich habe vielleicht auch ein bisschen spezielle Interessen. Ich lese lieber Sachbücher als Romane, und das ist da selten drin.

Marion
Bei meiner Mutter in dem Ort sind diese Romane mit schwarzem Cover, so „Ich atme noch mal“ und „Du bist tot“, diese Sachen.

Ronja
Ja, solche Sachen.

Marion
Ja, ich weiß nicht, diese komischen Thriller, die ich eigentlich nicht lese, aber der Bücherschrank ist neulich abgebrannt.

Ronja
Oh Gott!

Marion
Jemand hat den Bücherschrank in Brand gesteckt. Das ist schrecklich. Aber das mit der Bücherei ist ein guter Punkt.

Ronja
Oder auch in Regensburg gab es zum Beispiel immer Kleidertauschpartys. Das fand ich richtig cool. Da bin ich auch immer hingegangen. Ich habe eine Freundin, die auch weggezogen ist und jetzt wieder hierher gezogen ist, und die hat jetzt einfach eine gegründet. Die macht jetzt jeden Monat eine Kleidertauschparty. Also, ich merke schon, wenn man will, dass sich hier etwas ändert, muss man selbst die Veränderung sein und die Sachen in die Hand nehmen. Ich bin da ein bisschen zu wenig aktiv, aber ich nutze dann das Angebot und habe jetzt auch überlegt, ob ich das vielleicht mal für Kindersachen mache, weil bei ihr gibt es das nur für Erwachsene. Ich kenne auch Leute, die wirklich alles wegschmeißen, und das wäre ja total schade. Man könnte selber etwas machen. Wir haben jetzt auch so eine Spielzeugtauschgruppe ins Leben gerufen mit ein paar Freundinnen, wo man einfach schreibt: „Hey, hat jemand das von euch?“ Und da tauschen wir jetzt ein bisschen und versuchen, das hier ein bisschen nachhaltiger und minimalistischer zu gestalten, dass nicht jeder alles besitzen muss. Aber ich denke, es würde noch so viel mehr gehen. Auch mit den Autos: Die ganzen Autos stehen ja hier nur auf der Straße rum.

Marion
Man könnte sich so toll ein Auto teilen oder so, aber man muss Leute finden, die bereit sind, da mitzumachen.

Marion
Ja. Und was meinst du, woran liegt das, dass die Leute diese Dinge selbst besitzen wollen? Auch das mit dem Garten?

Ronja
Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht. Ich glaube, vielen Leuten gibt das eine gewisse Sicherheit. Ich merke auch oft dieses Argument: „Ja, bei Miete, da kannst du jederzeit rausfliegen und dann stehst du auf der Straße. Das ist mein Haus, und da kann mir nichts passieren, da kann ich machen, was ich will.“ Also so ein bisschen Autonomie und Sicherheit. Aber für mich löst das etwas ganz anderes aus. Für mich löst das Verpflichtung aus, und das will ich nicht.

Marion
Ja, das ist interessant, wie man das drehen kann. Ich würde bei Miete auch eher denken, ich habe es in der Hand. Ich kann jederzeit gehen, aber ich würde nie daran denken, dass jemand mich rauswerfen könnte.

Ronja
Ja, das ist vielleicht auch sehr optimistisch. Mir ist es einfach noch nie passiert, dass ein Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat.

Marion
Ja, und selbst wenn, man findet doch wohl irgendwas Neues, wenn man jetzt nicht gerade in Berlin oder München wohnt.

Ronja
Denke ich auch. Ja, optimistisch.

Marion
Ja, das ist immer gut, optimistisch zu sein, denke ich. Zum Abschluss vielleicht: Wenn jetzt jemand anfangen würde, weniger zu konsumieren und minimalistischer zu leben, wie könnte die Person anfangen? Was würdest du raten?

Ronja
Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, ich würde mal mit einem Experiment starten. Also mir hat das wahnsinnig geholfen, wirklich mal einen Monat zu machen. Man muss ja nicht gleich einen Monat machen, wenn das einem noch zu lang ist, aber wo man wirklich gar nichts kauft. Für mich war das erst mal eine riesengroße Hürde, und dann sind mehrere Monate vergangen. Ich habe gemerkt, wie toll das ist, wenn man nichts kauft, was das für ein tolles Gefühl auch sein kann. Ich führe auch immer eine Wunschliste, und was es für ein tolles Gefühl ist, Sachen wegstreichen zu können, weil man sie doch nicht mehr braucht. Das hätte ich nie gedacht.

Marion
Ja, das ist geil. Was hast du da das letzte Mal weggestrichen? Weißt du das noch?

Ronja
Das letzte Mal habe ich eine Wäschewanne weggestrichen, also so eine Wäschekiste. Unsere Waschmaschine musste jetzt von unserer Wohnung in den Keller ziehen, und wir haben nur so eine Wanne. Da dachte ich: „Oh nein, da muss ich auf jeden Fall eine zweite kaufen.“ Und jetzt merke ich: „Nein, ich räume die Wäsche dann wenigstens direkt weg, und so brauche ich keine zweite.“

Marion
Wie cool. Ich habe auch so eine Liste, und ich habe gestern noch etwas aussortiert. Da war eine Gewichtsdecke drauf, die ich letztes Jahr kaufen wollte, mit einem Amazon-Link. Ja, das Ding habe ich jetzt auch gelöscht. Es ist manchmal echt witzig, was da so draufsteht.

Ronja
Ja, aber voll gut, oder? Du hättest dich jetzt nicht besser gefühlt, wenn du sie gekauft hättest.

Marion
Nein, jetzt würde ich sie gar nicht brauchen, weil es hier immer so warm ist, und ich brauche keine Decke. Das war noch vor dem Umzug. Ja, aber das ist superwichtig, was du sagst: in diese Positivspirale reinzukommen, von „Ich fühle mich letztlich viel besser, wenn ich es nicht kaufe“ als durch diesen kurzen Impuls, dem man nachgibt und dann etwas kauft. Dann hat man es, und das war's dann auch schon wieder. Also, in diesen selbstverstärkenden positiven Kreislauf reinzukommen.

Ronja
Genau.

Marion
Ronja, vielen Dank. Das war superinteressant.

Minimalistisch leben
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