Christof Herrmann ist Blogger, Autor und Fernwanderer und betreibt den meistgelesenen deutschsprachigen Minimalismus-Blog Einfach bewusst. Im September ist sein Buch Das Minimalismus-Projekt: 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein erschienen. Ich habe es gelesen und verrate dir fünf Veränderungen, zu denen mich das Buch inspiriert hat.
Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt bekommen.
1. Schöne Dinge hinauszögern und unschöne Dinge ohne Unterbrechung erledigen
Wenn es eine Sache im Haushalt gibt, die ich nicht mag, ist es Bettenüberziehen.
Bei einer 140×100 cm großen Matratze und einem Bett, das mit zwei Seiten an der Wand steht, ist es unmöglich, das Spannbettlaken faltenfrei aufzuziehen.
Auch das Hineinfummeln der Bettdecken in die Bezüge ist mir ein Graus – irgendein Zipfel geht immer in den Weiten der in Belgien üblichen Zwei-Personen-Überzüge verloren.
Um dem zu entgehen, trinke ich nebenbei Kaffee, spiele mit dem Kind, gieße die Blumen, sortiere Socken aus… Was dazu führt, dass das leidige Bettenüberziehen dreimal so lange dauert.
Bei ungeliebten Aufgaben lassen wir uns gern unterbrechen, während Dinge, die wir mögen, im Nu getan sind. Das führt dazu, dass sich unschöne Tätigkeiten in die Länge ziehen und immer unschöner werden.
Christof Herrmann schlägt vor, das Ganze einmal umzukehren. Ungeliebte Aufgaben rasch und ohne Unterbrechung zu erledigen und schöne Tätigkeiten in die Länge zu ziehen. Nicht gleich ein ganzes Rippchen Schokolade zu essen, sondern jetzt ein Stück und später noch eins.
Was soll ich sagen – das letzte Wechseln der Bettwäsche dauerte nur zehn Minuten und war weniger scheußlich als sonst.
Nur das mit der Schokolade klappt noch nicht so ganz. 😉
2. Schlechte Gewohnheiten ablegen
Ich habe eine schreckliche Gewohnheit, für die ich mich regelrecht schäme:
Ich bin süchtig nach Wattestäbchen.
Ja, genau, die kleinen Dinger aus Plastik, mit denen man sich die Ohren saubermacht. Meine Ohren haben sich schon so an Wattestäbchen gewöhnt, dass sie anfangen zu jucken, wenn ich mal keine benutze.
Ich war sogar schon mehrmals beim Arzt deswegen – meine Ohren sind (noch) vollkommen in Ordnung.
Würde ich alleine wohnen, wäre es wie mit Keksen, veganen Hackbällchen und einzeln verpackten Maiswaffeln: Ich würde sie schlicht nicht kaufen.
Nun wohnen wir mit der Schwiegermutter zusammen – und sie kauft Wattestäbchen.
Aufhören, wenn die Droge nur ein Zimmer weiter ist? Sehr schwer.
Andererseits: Ich habe schon so vieles geschafft. Mit dem Rauchen aufgehört (viermal). Das übermäßige Wein- und Biertrinken sein gelassen. Mir Nachtisch nach dem Essen abgewöhnt.
Nur die Wattestäbchen, die sind geblieben.
Beim Lesen des Kapitels über Gewohnheiten in Das Minimalismus-Projekt verstand ich, warum es so viel schwieriger ist, sich alte Gewohnheiten abzugewöhnen als sich neue anzugewöhnen:
Um täglich 15 Minuten Yoga zu machen, benötigst du 15 Minuten Willenskraft. Um dir das Rauchen abzugewöhnen, benötigst du 24 Stunden Willenskraft.
Das Minimalismus-Projekt, S. 21
Dieses Wissen stärkt meine Achtsamkeit und hilft mir, rücksichtsvoller mit mir zu sein. Ich nehme meine Wattestäbchen-Sucht jetzt so ernst wie einst das Rauchen und tue es nicht als nur eine schlechte Gewohnheit ab.
Dank dieser neuen Sichtweise bin ich schon drei Tage clean.
3. Nichts planen
Vor Kurzem hatte ich die Idee, all die angenehmen Aktivitäten, die mir beim Arbeiten in den Kopf kommen, aufzuschreiben, um sie an einem freien Tag auszuführen.
Das waren Dinge wie
- E-Mail-Postfächer aufräumen (ja, ich liebe Ausmisten!)
- Mit dem Kind traditionelle Kinderlieder hören und den Text lernen
- Klassische Musik hören und eine Interpretation dazu lesen
- Digitale Fotos und Alben sortieren
- Aussortierte Kleidung fotografieren und im Onlineshop hochladen
Wann habe ich das letzte Mal an einem freien Tag einfach mal gar nichts gemacht? Nichts geplant, mich treiben lassen?
Ich erinnere mich nicht!
Irgendetwas steht immer auf meiner To-Do-Liste, und wenn es nur Wäschefalten ist.
Christof schreibt:
„Plane einfach mal nichts. Kehre allen Verpflichtungen den Rücken zu. Lebe wie früher in den großen Ferien in den Tag hinein. Du wirst dadurch wieder durchatmen können, den Kopf freibekommen, Stress abbauen und Kraft tanken. Und es wird deine Spontaneität und Kreativität fördern.“
Das Minimalismus-Projekt, S. 223
Das will ich auch!
Der Gedanke, in den Tag hineinzuleben, beängstigt mich sogar ein bisschen.
Die hohen Erwartungen an mich selbst, Ziele, Pläne – das für 24 Stunden einmal loszulassen, erfordert Vertrauen und Mut.
Letzten Samstag habe ich mir bewusst nichts vorgenommen. Statt Ideenlisten abzuarbeiten, habe ich Kaffee im Bett getrunken, Igel-Schnecken-Telefon-Wettrennen veranstaltet und mich endlich mal wieder bei meiner Oma gemeldet.
4. Im Wald ohne Kopfhörer
Das Kind und ich machen regelmäßig Urlaub bei Oma und Opa im Teutoburger Wald. Ich liebe es, dort spazieren zu gehen und die Gerüche und Farben der Natur wahrzunehmen.
Allerdings liebe ich es auch, dabei etwas „Nützliches“ zu tun und höre unterwegs Podcasts. Ich hatte dabei schon immer ein ungutes Gefühl, als würde ich eine wichtige Sache verpassen.
„Ein Waldbad nehmen bedeutet (…), in die angenehme und wohltuende Atmosphäre eines Waldes einzutauchen, sie in sich aufzusaugen und von diesem kostenlosen Wellness-Programm für Körper, Geist und Seele zu profitieren.“
Das Minimalismus-Projekt, S. 214 f.
Im Herbst fahren wir wieder zu Oma und Opa. Dann bleiben die Kopfhörer zuhause und versuche ich es mal mit dem Waldbaden.
5. Ein Ziel, drei To-dos
Den ganzen Tag gearbeitet und dennoch das Gefühl, nichts erreicht zu haben?
Das kann daran liegen, dass du dir zu viel vornimmst oder ohne Fokus arbeitest.
Christof schlägt vor, mit Priorität diejenigen Aufgaben zu erledigen, die den höchsten Ertrag bringen.
Denn dem Paretoprinzip zufolge bringen 20 % von dem, was du tust, 80% der Ergebnisse.
Mit eindeutigem Fokus und klar definierten Zielen fällt das Arbeiten leichter und du hast hinterher ein besseres Gefühl, weil du weißt, was du geschafft hast.
Meine Erkenntnisse:
- Konkrete Ziele setzen und in Unterziele gliedern
- Nicht zu viel vornehmen. Christof schreibt, dass er sich am Tag ein Ziel und drei To-dos setzt.
- Nach getaner Arbeit aufhören zu arbeiten. Als Selbstständige im Homeoffice ist Nicht-Arbeiten genauso wichtig wie Arbeiten.
Das waren die Veränderungen, zu denen mich Christof Herrmanns Buch Das Minimalismus-Projekt: 52 praktische Ideen für weniger Haben und mehr Sein inspiriert hat.
Bildquellen: © Unsplash.com: Elizabeth Explores (Bett), James Pond (Wattestäbchen), Lukasz Szmigiel (Wald)
Hast du das Buch gelesen? Was nimmst du daraus mit? Gibt es etwas, das du in deinem Leben ändern möchtest? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar!
2 thoughts on “„Das Minimalismus-Projekt“ von Christof Herrmann: Besser leben mit weniger”
Hallo,
ich wundere mich über die Idee des Waldbadens. Dass Du erst bis zum nächsten Urlaub damit warten möchtest.
Meine drei Kinder sind erwachsen und wir waren sooft es geht am WE immer oder nach der Kita im Wald, irgendeinen, in der Nähe, mit dem Auto oder Bus in den nächsten kleinen Wald mit allen Kindern und den Freundinnen und deren Kinder.
Die Kinder waren glücklich und wir Erwachsenen auch. Und wenn es nur ein kurzer Spaziergang war.
Davon sprechen die „Kinder“ , Mädchen wie Jungen, heute noch. Von den tollen Picknicken im Wald, bei Regen in der selbstgebauten Hütte….
Und mit meinen Enkeln mache ich das auch wieder. Wenn Oma sie ab und zu, weil sie selber noch arbeitet, aus der Kita abholt, dann machen wir eine schonen Gang von der Kita zum kleinen Bauernhof an der Panke. Unterwegs werden tobende Hunde bestaunt, Enten mit den Vesperresten am Ufer gefüttert. Blätter im Herbst sammeln, im Winter hinterher noch einen Tee im „Stück vom Glück“ trinken und die Kinder teilen sich was Leckers…Dann bin ich um 18.00 mit zwei glücklichen Kindern bei den Eltern, die sich freuen, dass ihre Kindern draußen im Park oder Wald waren.
Ichbewusstsein nicht jeder hat das Glück einer Oma, ich hatte das früher auch nicht. Deshalb war es mir wichtig es damals mit meinen Kindern zu machen. Anstatt den ganzen Tag durchzuplanen uns irgendwelche Listen abzuarbeiten. Und lieber hatte ich glückliche Kinder als ein durchgestyltes zu Hause….
Ich hatte damals eh nicht viel.
Nehmt euch Zeit für Euch UND Eure Kinder…..
Die heutige Generation von Müttern und Vätern haben meinen vollen Respekt, ihr habt wirklich viel zu leisten.
Ich sehe das bei meinen Kindern.
Herzlich, U. S.
Hallo Uta,
vielen Dank für deinen inspirierenden Kommentar.
Ich weiß nicht, ob du schon einmal in Antwerpen warst, aber mit Wald ist hier nicht viel… Das Höchste der Gefühle in Lauf- oder Radnähe zu meiner Wohnung sind Parks, in die ich auch gerne mit meiner Tochter gehe.
Aber ein Stadtpark ist kein Wald, und erst recht nicht ein Teutoburger Wald. An den dachte ich, als ich schrieb, dass ich das Waldbaden beim nächsten Urlaub bei Oma und Opa ausprobieren werde.
Das Beste, das man mit Kindern machen kann, ist, wie du ja auch schreibst, sich einfach auf sie einzulassen, auf ihr Staunen, ihre Neugierde, ihren Eifer und ihre Begeisterung. Der Rest kommt von selbst. Und wenn das Einlassen in der Natur oder zumindest draußen passiert, umso besser. 🙂
Herzliche Grüße
Marion