Jasmin Gatterer: Will ich es oder brauche ich es?

Jasmin Gatterer: Will ich es oder brauche ich es?

In Folge 9 des Frugales-Glück-Podcasts ist Jasmin Gatterer bei mir zu Gast.
Jasmin ist Kräuterpädagogin, Ernährungstrainerin, Kinderyogalehrerin und Lomi-Lomi-Masseurin.

Sie lebt mit ihrer kleinen Tochter in einer Zweizimmerwohnung und verzichtet auf alles Überflüssige, seitdem sie von Zuhause ausgezogen und auf Weltreise gegangen ist.

Jasmin und ich haben unter anderem über die folgenden Themen gesprochen:

  • Minimalismus mit Babys und Kleinkindern.
  • Reisen mit Kindern.
  • Wie Jasmin durch das Reisen zum Minimalismus gekommen ist.
  • Warum sie ihre Ernährung auf Pflanzlich-vollwertig umgestellt hat.
  • Kräuterwanderungen und welche regionalen Kräuter jeder vor der Tür pflücken kann.
  • Undogmatische vegane Ernährung und warum Jasmin lieber von pflanzlich-vollwertiger Ernährung als von veganer Ernährung spricht.
  • Vegan-vegetarische Kinderernährung und Einfluss von Familienmitgliedern.
  • Jasmins vegane Lieblingsgerichte.

Ich wünsche dir viel Freude mit dem Gespräch mit Jasmin!

Shownotes:

Transkript

Marion: Hallo Jasmin, herzlich willkommen im Frugales-Glück-Podcast!

Jasmin: Hallo Marion, freut mich, dabei zu sein.

Marion: Hallo! Vielleicht erzählst du den Zuhörerinnen und Zuhörern mal, wer du bist und was du so machst.

Jasmin: Sehr gern! Ich bin Jasmin, 33 Jahre alt, aus Salzburg, genauer gesagt aus Rif im Süden von Salzburg. Ich habe eine dreijährige Tochter und arbeite in allem, was mit Gesundheit und Wellness zu tun hat. Ich bin Kräuterpädagogin, Ernährungstrainerin für pflanzlich vollwertige Kost, habe kürzlich meine Ausbildung zur Kinder-Yoga-Lehrerin abgeschlossen und biete auch Lomi-Lomi-Massagen an – das ist eine hawaiianische Massage, die auch mit Ritualarbeit verbunden ist.

Marion: Sehr spannend. Würdest du dich als Minimalistin bezeichnen?

Jasmin: Das ist immer ein schmaler Grat, aber ich würde sagen: auf der einen Seite ja, weil ich wirklich nur das zum Leben verwende und habe, was ich tatsächlich brauche – vom Kleiderschrank bis zu den Küchenutensilien. Andererseits genieße ich auch den Luxus, zum Beispiel ein Auto zu haben. Unsere Wohnung ist relativ klein, 60 Quadratmeter. Wir wohnen mit meiner Tochter in einer Zweizimmerwohnung, was für viele undenkbar wäre. Aber für mich ist es nicht unbedingt nötig, eine Wohnung mit 120 Quadratmetern zu haben. Viel wichtiger ist mir, in der Natur zu leben, sodass wir direkt nach draußen können. Es hängt eben davon ab, was einem persönlich wichtig ist.

Marion: Genau das ist für mich der Kern des Minimalismus: sich von dem zu trennen, was man nicht braucht oder was einem nicht guttut, und sich auf das zu fokussieren, was wirklich wichtig ist. Minimalismus ist eben individuell.

Jasmin: Absolut! Es gibt kein Richtig oder Falsch, das muss jeder für sich selbst definieren.

Marion: Und zum Thema Zweizimmerwohnung: Ich höre oft, dass gerade Kleinkinder angeblich ein eigenes Zimmer brauchen. Ich habe auch schon mal Kommentare wie „Das geht doch nicht!“ gehört. Bei uns wohnen mein Freund und ich mit unserem Kind auf einem Zimmer, und manche meinten sogar, das sei ein Fall fürs Jugendamt. Dabei ist für kleine Kinder oft die Nähe zur Bezugsperson wichtiger als ein eigenes Zimmer.

Jasmin: Ja, genau! Als ich damals meine Tochter bekam, sagten viele sofort: „Ihr müsst die Wohnung aufgeben, ihr braucht ein eigenes Zimmer für das Kind.“ Doch wer entscheidet, was wir brauchen? Bisher schläft meine Tochter, die jetzt dreieinhalb ist, noch bei mir im Bett, und das ist für uns beide in Ordnung. Diese Ansprüche und Erwartungen kamen schon während der Schwangerschaft auf: „Du brauchst einen Wickeltisch, du brauchst Pampers …“ Aber für mich war es von Anfang an wichtig, auf vieles zu verzichten und stattdessen auf Alternativen zu setzen, wie Stoffwindeln.

Ich habe mir zum Beispiel auch das Reisen mit Baby nicht nehmen lassen. Nach drei Monaten sind wir losgezogen, haben die Wohnung aufgegeben, uns einen Van gekauft und waren den ganzen Sommer unterwegs. Viele fanden das unverantwortlich, aber alles, was meine Tochter wirklich brauchte, waren Nähe, ein sicherer Schlafplatz und ich – das war’s. Es war die schönste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Wir lebten zu dritt auf neun Quadratmetern im Van.

Marion: Neun Quadratmeter? Wahnsinn!

Jasmin: Ja, im Vergleich dazu sind die 60 Quadratmeter unserer Wohnung jetzt schon purer Luxus.

Marion: Das ist wirklich toll. Wo seid ihr damals hingefahren?

Jasmin: Im ersten Jahr waren wir hauptsächlich in Österreich unterwegs, haben das Land zweimal bereist und auch kurze Abstecher zum Bodensee und nach Ungarn gemacht. Ich bin nicht die „typische“ Mutter und Hausfrau, und so waren wir alle paar Tage an einem anderen Ort. Meiner Tochter hat es gefallen; sie liebt es, Neues zu entdecken und Menschen kennenzulernen. Das hat sie geprägt und dazu beigetragen, dass sie sehr offen und präsent ist, wo immer wir hinkommen.

Marion: Ja, ich denke, solche Erfahrungen sind für Kinder wertvoll. Auch wir waren viel mit unserer Tochter unterwegs, und das hat ihr diese Flexibilität und Offenheit beigebracht. Als Kind kannte ich das nicht und hatte starkes Heimweh. Man tut Kindern keinen Gefallen, wenn man sie zu sehr an ein festes Umfeld bindet.

Jasmin: Absolut! Mein größter Wunsch war es schon immer, viel zu reisen und verschiedene Lebensweisen kennenzulernen. Auf Reisen habe ich oft in wenigen Monaten mehr gelernt als zu Hause in Jahren. Diese Eindrücke wollte ich auch meiner Tochter mitgeben. Sie lernt so viel darüber, wie vielfältig die Welt ist, und das finde ich einfach schön und wichtig.

Marion: Wie kamst du eigentlich zu deinem minimalistischen Lebensstil? War das schon immer so?

Jasmin: Ich bin relativ früh, mit 16, von zu Hause ausgezogen und hatte damals wenig Geld. In dieser Zeit lernte ich, mit begrenzten Mitteln auszukommen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich stellte mir oft die Frage: „Brauche ich das wirklich oder will ich es nur?“ Wenn die Antwort „Nein“ war, ließ ich es einfach weg.

Und wenn ich dann mal etwas haben wollte, dann habe ich es mir natürlich gekauft, aber ich habe dann einfach versucht, Stück für Stück Dinge wegzulassen. Das war dann auch beim Thema Kleidung so. Ich hatte viele Freundinnen, die so richtig kaufsüchtig waren. Aber ich hatte nie das Bedürfnis, jede Woche ein neues T-Shirt zu brauchen. Jetzt habe ich halt angefangen, von ihnen die Kleidung zu übernehmen, sofern sie noch intakt war. Und ich habe dann gemerkt, dass mich das überhaupt nicht stört. So hat sich das dann auch entwickelt. Freundinnen von mir brauchen einen Thermomix, einen Vitamix … Also ich habe auch einen Vitamix, aber die haben so viele Küchenutensilien, dass die Schränke überquellen, und man denkt sich echt: "Was macht ihr mit all diesen Sachen?" Ich dagegen brauche oft nur ein Schraubglas, und was ich damit alles machen kann, ist unglaublich. Und so habe ich es auch bei meiner Tochter gemacht. Mein Papa meinte damals: "Ja, wenn du ein Kind bekommst, wirst du sehen, was das kostet." Aber faktisch hat mich mein Kind die ersten drei Jahre fast gar nichts gekostet, weil man so viel geschenkt bekommt, dass man schon fast überschüttet wird.

Und mein Kind bekommt auch Secondhand-Kleidung. Ich stehe da komplett dahinter. Auch wenn manche sagen: "Ist dir dein Kind nicht wert, dass es neue Kleidung bekommt?" Doch, ist es mir, aber wenn Kleidung intakt ist – und bei kleineren Kindern ist das ja oft der Fall, weil sie die Sachen nur ein- oder zweimal tragen und dann schon wieder rauswachsen – dann ist es fast wie neu. Warum sollte ich unnötig Geld ausgeben? Ich investiere dann lieber in Biogemüse oder in einen Urlaub oder in etwas anderes, das uns Freude macht.

Marion
Ja, vor allem bei Kinderkleidung, wie du sagst. Sie tragen sie so kurz, das ist jetzt keine Anschaffung fürs Leben. Es gibt so viele Flohmärkte und Secondhand-Börsen. Das meiste gibt es sowieso schon, und es ist so viel nachhaltiger. Manche Sachen im Sozialkaufhaus haben noch das Etikett dran und sind quasi neu. Und dann solche Kommentare wie "Ist dir dein Kind nicht wert?" Das ist echt hart.

Jasmin
Ja, das ist schon hart, aber ich nehme das gar nicht persönlich. Ich denke mir, ich bin so viel gereist und habe Kinder gesehen, die wirklich nichts haben, die von der Hand in den Mund leben. Wer nie mit Armut konfrontiert wurde, hat einfach keinen Bezug dazu, wie viel wirklich notwendig ist und wie viel Luxus wir eigentlich haben. Alles, was wir hier haben, ist Luxus hoch zehn. Ich brauche so wenig zum Leben und bin dankbar dafür, dass ich nicht mehr brauche.

Marion
Ja, das stimmt, viele Leute vergessen, dankbar zu sein für das, was schon da ist.

Jasmin
Ja, durch die sozialen Medien wird einem täglich auf dem Silbertablett präsentiert, was man angeblich alles braucht: neue Kleidung, Make-up, alles Mögliche.

Marion
Ja, ich habe inzwischen fast vergessen, was es alles gibt, aber wenn ich dann in Deutschland mal zu einem großen Drogeriemarkt gehe und sehe, wie viele limitierte Editionen es von allem gibt – selbst für Babysachen. Aah!

Jasmin
Ja, sehr spannend. Ich frage mich dann immer, was ich wirklich zum Leben brauche. Auf Reisen habe ich wirklich kaum etwas gebraucht. Ich hatte einen Rucksack mit drei Hosen, drei T-Shirts und einer Handvoll Unterwäsche, und ich habe immer das getragen, was gerade sauber war. Den Rest habe ich mit der Hand gewaschen und war trotzdem total glücklich. Das Wichtigste war: Hatte ich etwas zu essen, war ich gesund, hatte ich ein Dach über dem Kopf? Das konnte ich vom Reisen mitnehmen und bin seitdem jeden Tag dankbar für das, was ich habe.

Marion
Ja, darum geht es letztlich – zufrieden zu sein.

Jasmin
Genau. Was hat man denn von all den Dingen, die man sich kauft? Ich glaube, die wenigsten Menschen fragen sich, wie lange einen so ein neuer Gegenstand wirklich glücklich macht.

Marion
Stimmt. Ich glaube, das kennen wir alle, dass man mal einen Impuls hat. Letztes Jahr dachte ich: "Oh, ich brauche einen Computer," und habe mir ein MacBook Air gekauft. Vorher hatte ich nie einen Computer gekauft, aber letztes Jahr war es soweit. Und dann war ich ein paar Tage total happy, aber dann war es halt da. Es ist cool, dass ich es habe, aber wirklich notwendig war es nicht.

Jasmin
Ja, man muss eine Balance finden. Ich hatte kürzlich ein Erlebnis mit kurzen Jeans. Ich habe ewig auf Secondhand-Plattformen gesucht, aber nichts hat richtig gepasst. Letztendlich bin ich dann in ein Geschäft gegangen und habe eine neue Jeans gekauft, die perfekt sitzt. Manchmal ist es sinnvoller, etwas direkt zu kaufen, als ewig herumzusuchen.

Marion
Ja, das kann auch eine Ablenkung sein, wenn man ständig nach neuen Sachen sucht.

Jasmin
Genau. Ich habe auch eine Liste, auf der ich Dinge notiere, die ich gern hätte. Wenn ich nach einem Jahr oder einem halben Jahr immer noch das Gefühl habe, ich brauche es wirklich, dann kaufe ich es mir. Aber ich lasse es mir immer ein paar Mal durch den Kopf gehen und überlege gut, bevor ich etwas anschaffe.

Marion
Ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr? Das ist echt beeindruckend.

Jasmin
Ja, beim Vitamix hat es Jahre gedauert. Am Ende habe ich ihn mir zum 30. Geburtstag geschenkt, aber da war ich dann auch sicher, dass ich ihn wirklich möchte.

Marion
Ja, der steht auch auf meiner Liste. Aber einen Thermomix wollte ich nie haben, ich verstehe auch gar nicht, was das soll.

Jasmin
Ja, der Thermomix ist bestimmt praktisch, aber ich weiß nicht, ob man ihn wirklich so braucht. Ich koche in meiner kleinen Küche sowieso nebenbei, und Dampfgaren bekomme ich auch mit einem Topfeinsatz hin. Vielleicht hat er ja super Funktionen, die mir noch unbekannt sind, aber ich sehe den Nutzen für mich einfach nicht.
Außerdem habe ich überhaupt keinen Platz für so ein riesiges Gerät. Also, meine Küche ist ja relativ klein, und ich mag das überhaupt nicht, wenn alles so zugestellt ist. Auch in meiner Wohnung ist alles sehr, sehr clean, muss ich sagen.

Marion:
Und das Ding ist ja auch teuer. Ich weiß nicht genau, was es kostet, aber ich glaube, es ist teurer als ein Vitamix.

Jasmin:
Ja, die sind wesentlich teurer. 1.200 € kostet der doch neu, oder?

Marion:
Ich glaube, du kriegst ihn gebraucht schon für 800 oder 900 €.

Jasmin:
Ich schaue immer wieder mal, aber das ist mir einfach zu teuer, ganz ehrlich.

Marion:
Ja, und dann kann man sich auch von seinen bisherigen Töpfen und so weiter verabschieden. Die braucht man eigentlich nicht mehr.

Jasmin:
Ja, das ist dann das nächste. Was mache ich dann mit dem ganzen Zeug? Ich möchte das dann auch nicht einfach wegwerfen.

Marion:
Ja, und wenn jetzt jemand sich fragen würde – auch jemand, der vielleicht schwanger ist oder schon Kinder hat und in seinem Zeug ertrinkt und denkt: „Ach, Minimalismus ist eigentlich eine tolle Sache, aber wie soll ich anfangen? Was könnte ich jetzt tun, damit mein Leben ein bisschen leichter und unbeschwerter wird?“ Was würdest du dieser Person raten? Hast du da irgendwelche Tipps?

Jasmin:
Auf jeden Fall stillen. Stillen ist für mich der erste Schritt zum Minimalismus, weil ich einfach keine Flaschen brauchte. Ich brauchte auch keinen Sterilisierer, und mein Kind wollte auch keinen Schnuller. Ich hatte zwar einen Wickeltisch, aber ansonsten habe ich alles per Hand gemacht. Ich hatte so ein kleines fahrbares Bettchen, das war es. Was braucht ein Baby schon? Eigentlich nicht viel. Ein Deckchen – da habe ich darauf geachtet, dass es aus gutem Material ist, weil ich diese ganzen Plastiksachen nicht so mag. Was noch? Die ganzen Gläschen kann man auch selber machen. Das sind für mich so selbstverständliche Dinge. Es ist für mich total schwer, da Tipps zu geben, weil ich einfach diese ganzen Sachen nie gebraucht habe.

Marion:
Ja, auch diese Gläschen! Ich glaube, ich habe meiner Tochter mal bei meiner Mutter eins zu essen gegeben – sie hatte das gekauft. Aber meine Tochter fand diesen künstlichen Möhrengeschmack furchtbar, irgendwie ganz komisch. Das war das einzige Gläschen, das wir je versucht haben. Und wenn ich sehe, wie viele Leute nur für einen Stadtspaziergang so viele davon mitnehmen ...

Jasmin:
Ja, deswegen sage ich, Stillen ist einfach super. Ich hatte alles, was mein Baby braucht, immer bei mir. Ich habe das immer so beobachtet, wie andere Leute zwei, drei Taschen eingepackt haben, und die gehen dann nur auf den Platz um die Ecke. Wobei ich sagen muss, das bin ich jetzt immer noch so. Das Einzige, was ich dabei habe, ist oft eine Flasche Wasser, weil ich einfach denke, mein Kind muss nicht den ganzen Tag essen. Es gibt Frühstück, einen Apfel zwischendurch, dann Mittagessen, nachmittags mal Nüsse, vielleicht ein Eis, und dann gibt’s Abendessen. Ich bin jetzt nicht ständig dabei, mein Kind mit Essen zu versorgen, weil ich glaube, dass sie es einfach nicht brauchen. Sie essen dann oft aus Langeweile – das will ich eigentlich nicht fördern.

Marion:
Ja, das stimmt.

Jasmin:
Außerdem haben alle anderen dann immer so viel mit, und mein Kind ist da ganz schamlos, so wie gestern, wo sie einfach hingeht und fragt, ob sie was haben kann oder sich was nimmt. Von dem her bin ich da komplett entspannt.

Marion:
Ja, ich habe das auch nie richtig verstanden – diese Maiswaffeln, Reiswaffeln und so. Eigentlich ist da nur Luft drin, aber die Kinder haben was zum Kauen. Was soll das eigentlich? Das ist echt so eine Langeweile-Geschichte, glaube ich.

Jasmin:
Ja, auf jeden Fall. Und das Stillen hat mir das lange erspart. Mein Kinderarzt hat dann gesagt: „Wann fangen wir an? Fünf Monate, sechs Monate?“ und ich dachte nur: „Ja, jetzt wird es aber langsam Zeit.“ Aber mein Kind hat einfach vehement abgelehnt, sie wollte einfach weiter gestillt werden. Ich hatte so viel Milch, und ich dachte, es tut mir leid, aber ich kann mein Kind nicht zum Essen zwingen. Sie wird das schon von selbst lernen, wenn sie dafür bereit ist. Und was die Nährstoffe angeht, habe ich gesagt: „Schauen Sie sich mein Kind an! Sie ist gut beieinander. Da mache ich mir jetzt wirklich keine Sorgen.“ Ich glaube, Mütter wissen ganz genau, was sie ihren Kindern zutrauen können und sollten sich da nicht zu viel von außen einreden lassen.

Jasmin:
Dadurch, dass ich schon 30 war, konnte ich das ein bisschen gelassener sehen ...

Marion:
Ja, das ist, glaube ich, wirklich ein Vorteil. Wenn man schon älter ist, hat man da mehr Selbstsicherheit. Wenn man erst 20 ist und der Arzt erzählt einem so einen Kram ... Hier in Belgien gibt es so eine Organisation, die diese U-Untersuchungen durchführt. Es ist staatlich geregelt und sie tun fast so, als wären sie verpflichtend. Mit drei Monaten schon mit Beikost anzufangen, das war für mich total unnatürlich. Mit sechs Monaten fand ich es auch noch komisch, weil meine Tochter das gar nicht schlucken konnte und gar nicht verstand. Ich dachte, vielleicht sollte ich nach dieser Empfehlung mal anfangen, aber es war eigentlich Quatsch.

Jasmin:
Genau, wenn es sich für mich nicht richtig anfühlt, lasse ich es einfach. Da muss man als Mama wirklich auf sein Gefühl hören und darf auch darauf vertrauen. Wir haben das intuitiv in uns, und ich lasse mich da nicht beirren.

Ich fand es auch total spannend bei der Geburt. Da sagte man mir: „Ihr Kind ist jetzt erst einen Tag auf der Welt, und braucht jetzt diese Vitamin-K-Tropfen oder Spritze.“ Da habe ich gesagt: „Nein.“ Ich musste dann einen Zettel unterschreiben, dass ich die Verantwortung übernehme, falls etwas passiert, und ich sagte: „Kein Problem, das unterschreibe ich gerne.“ Ich hatte mich während der Schwangerschaft intensiv mit Ernährung beschäftigt, und ich wusste, dass Vitamin K zur Blutgerinnung wichtig ist. Aber das wird bei uns prophylaktisch verabreicht, bevor man überhaupt feststellt, ob ein Mangel vorliegt.

Jasmin:
Da standen dann fünf Personen an meinem Bett, einen Tag nach der Geburt, und fragten, ob ich mir sicher sei, dass ich das verweigere. Ich habe gesagt: „Ja, auf jeden Fall.“

Marion:
Ja, spannend. Du hast ja auch viele Ausbildungen zum Thema Ernährung gemacht. Vielleicht magst du erzählen, wie du dazu gekommen bist und was deine Motivation war?

Jasmin:
Alle Dinge, die ich gemacht habe – Kräuterpädagogin, Ernährungstrainerin, Kinder-Yoga-Lehrerin und Lomilomi-Masseurin – habe ich aus reinem Eigeninteresse gemacht. Seit Langem habe ich Darm- und Hautprobleme, die ernährungsbedingt sind. Anfang 20 habe ich gemerkt, dass etwas mit meinem Darm nicht stimmt. Ich habe mich ganz normal ernährt, wie man es mir beigebracht hatte: Milchprodukte, Weizen, Wurstwaren. Aber irgendwann spielte mein Darm verrückt. Monatelang hatte ich Verstopfung, rannte von Arzt zu Arzt, aber niemand konnte mir helfen. Es hat wirklich an meiner Psyche genagt.

Der Schlüsselmoment kam für mich in Indien. Innerhalb einer Woche waren alle Beschwerden weg, und ich dachte: „Das kann doch nicht sein.“ Nach meiner Rückkehr aß ich wieder wie gewohnt, und sofort waren alle Beschwerden wieder da. Dann wurde mir klar: Ich hatte in Indien keine Nudeln, kein Brot, keine Milchprodukte, keinen Kaffee, kein Fleisch gegessen. Das war ein harter Umstieg hier in Österreich, wo man Speck und Schinken so liebt, aber ich musste meine Ernährung umstellen, weil mir kein Arzt helfen konnte.

Ich begann, mir die Zutaten zu kaufen, die ich in Indien gegessen hatte, kochte Gerichte auf Basis von Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchten. Dann entschied ich mich während der Elternzeit für die Ausbildung zur Ernährungstrainerin, und das war ein weiterer Anstoß für mich, noch tiefer in die pflanzlich vollwertige Ernährung einzutauchen. Die Kräuterpädagogik habe ich dann gemacht, weil ich es liebe, in der Natur zu sein.

Jasmin:
Sagen wir, es gibt keine Einkaufszentren mehr, sagen wir, die ganze Struktur und das ganze System zerfällt. Was bleibt mir denn dann noch? Ja, da bleibt mir noch einmal die Natur. Und da muss ich die Natur lesen lernen, da muss ich sie kennenlernen, und ich finde das einfach voll spannend, was da draußen alles wächst und was man eigentlich alles essen kann. Und vor allem die Leute, denen ich das dann immer erzähle, auch bei den Kräuterwanderungen, die sind einfach so perplex, was man da draußen alles findet. Ich meine, ich gehe, wenn es schön ist, jeden Tag raus und hole mir auf meiner Wiese, wo jeder einfach nur Wiese sieht und sich denkt: „Oh, voll viel Unkraut. Ich muss jetzt gleich meinen Rasen mähen und das alles rausreißen und ich gehe raus und hole mir das ganze Superfood, dieses Regionale, auf meinen Teller."

Marion:
Großartig.

Jasmin:
Ja.

Marion:
Und du machst auch Kräuterwanderungen mit anderen Leuten zusammen?

Jasmin:
Ja, genau. Jetzt habe ich das viel im privaten Bereich noch gemacht. Es ist aber schon angedacht, dass ich das dann hauptberuflich oder zu meinem Beruf mache. Das wäre auf jeden Fall der Plan. Da kann ich mich aber auf diese Nische noch nicht ganz festlegen. Mache ich eben Frauenkräuter oder mache ich einfach was nur für Kinder, weil ich es total schön finde, Kindern diese Kräuter näherzubringen. Also meine Kleine, die weiß schon ganz genau, was ist ein Hirten-Deschel, was ist ein Spitzwegerich, was mache ich damit, kann man es essen, ja oder nein? Das ist eigentlich das Essenzielle für mich. Mir ist es lieber, sie weiß draußen in der Natur Bescheid, bevor sie weiß, was zweimal zwei ist. Das muss ich auch ganz ehrlich sagen.

Marion:
Ja, auf jeden Fall. Jetzt ist Juli und fast August. Gibt es da irgendwelche Superfoods, Highlights, die du empfehlen könntest, die man jetzt so pflücken kann?

Jasmin:
Also das ganze Jahr kann man eigentlich das Gänseblümchen ernten, das kennt, glaube ich, jeder, bis zum November oder Dezember. Es ist ein wahnsinnig toller Vitamin-C-Lieferant. Schaut super schön aus, wenn man es in einen Salat reinmacht oder auf ein Butterbrot gibt oder in einen Smoothie einfach reinmacht. Genau, das ist auch gut bei Erkältungen, weil das Gänseblümchen viele Saponine drinnen hat. Das ist so der Seifenstoff. Das wäscht irgendwie so ein bisschen deinen Körper durch und es ist schleimlösend. Und es gibt auch den Löwenzahn. Den Löwenzahn kann man von bis alles verwenden, von der Wurzel bis zur Blüte bis zum Stängel, kann man alles verwenden, und das ist auch blutreinigend, der Löwenzahn. Die Brennnessel…

Marion:
Entschuldigung, kann man den Löwenzahn auch essen, wenn der diese weiße Pusteblume entwickelt hat?

Jasmin:
Ja, du kannst auf jeden Fall die Blätter essen. Also diese Pusteblume, die sich ja nachher entwickelt, die esse ich jetzt nicht.

Marion:
Nein. Okay, ist ein bisschen trocken.

Jasmin:
Aber du kannst den Stängel so kleinschneiden wie Schnittlauch in der Art. Der hat viele Bitterstoffe, die einfach richtig gut für den Darm sind, weil der die Magensäfte anregt und dadurch wird die Verdauung leichter. Und der nächste absolute Favorit von mir ist die Brennnessel. Die hat am meisten Proteingehalt überhaupt. Jetzt weiß ich es gar nicht auswendig. Auf jeden Fall ist das ein absolutes Superfood. Ist auch blutreinigend, kann man das ganze Jahr verwenden.

Marion:
Und wie pflückst du die Brennnessel, ohne dass du dir wehtust? Ich bin auch nicht so bewandert, was Kräuter angeht.

Jasmin:
Entweder du nimmst einfach einen Gartenhandschuh und kannst sie dann einfach pflücken oder ich nehme sie immer von... Also das ist jetzt vielleicht für viele ein bisschen komisch, wenn ich das sage, aber ich frage die Brennnessel immer, ob ich sie pflücken darf.

Marion:
Und dann tut sie dir nicht weh?

Jasmin:
Genau, ich komme dann von unten nach oben. Ich schaue, dass ich zu den Blättern gehe und dann von unten nach oben gehe und sie pflücke. Kann ich jetzt schwer beschreiben. Ja, doch.

Marion:
Ich glaube, ja.

Jasmin:
Genau.

Marion:
Und wenn man das dann isst, tut es nicht weh?

Jasmin:
Was du gerne machen kannst, ist diese Blätter einfach mit einem Nudelholz, ich weiß nicht, ob man bei euch „Nudelholz“ sagt.

Marion:
Ja, ja, bestimmt.

Jasmin:
Genau, mit dem Nudelholz die kleinen Härchen abrollen.

Marion:
Aber genau, diese kleinen Härchen abrollen.

Jasmin:
Das kannst du machen. Oder du fährst mit einem Messer darüber und schaust, dass du die Härchen wegbekommst. Wenn du es aber in einen Mixer reinmachst, ist es sowieso egal. Ist sowieso weg, ja, genau.

Marion:
Spannend, ja. Ich habe auch mal gesehen, du hattest so ein Brot gebacken mit Gänseblümchen drauf. Das sah so toll aus. Waren auch, glaube ich, noch andere Kräuter drauf.

Jasmin:
Genau, ja, das sind dann immer diese frühen... Wenn Frühling wird, dann lebe ich auf. Das ist einfach so diese Vielfalt an Farben und diese Blumen. Nein, das ist einfach so schön für mich. Und ich mag halt einfach gern, wenn Essen hübsch ausschaut.

Marion:
Ja, klar. Und du ernährst dich vegan, würdest du sagen?

Jasmin:
Hauptsächlich pflanzlich und vollwertig. Es gibt schon das eine oder andere Hoppala. Ich mache mein Essen nicht zur Religion. Ich lasse mir da auf jeden Fall einen Spielraum. Vor allem finde ich es total wichtig, immer wieder mal... Wie sagt man das? Ja, ich gehe dann schon meinen... Wie sagt man denn da? Meinen Lüsten gebe ich schon hin und wieder mal nach, aber ich finde es dann auch immer total interessant, zu schauen, was macht das Essen mit mir? Es gibt dann schon ein paar Mal im Jahr, wo ich dann einfach immer wieder ein Stück Wurst probiere oder mal so ein bisschen an Käse esse oder so, aber ich merke dann immer relativ schnell, dass es mir überhaupt nicht guttut. Ich merke das einfach an der Verdauung, an dem, wie ich rieche, an dem, wie es mir geht. Aber ich versuche auf jeden Fall, mich vollwertig und pflanzlich zu ernähren. Das ist irgendwann einmal das Ziel, dass ich das wirklich alles lassen kann.

Marion:
Und du sagst „vollwertig und pflanzlich“, aber du benutzt nicht das Wort „vegan“, das ist mir aufgefallen. Ist das absichtlich so?

Jasmin:
Ja, das ist absichtlich so, weil es ja auch viel Fertigkost gibt, die vegan ist. Das hat aber mit pflanzlich und vollwertig oft nichts zu tun. Und vegan ist ja für mich mittlerweile ein bisschen negativ behaftetes Wort. Also ich habe auch, wie soll ich denn sagen? Ich habe auch schon richtige Auseinandersetzungen gehabt mit veganen Menschen, die einfach Leute verurteilen für das, wie sie leben und was sie essen. Und da möchte ich mich einfach nicht dazuzählen. Bei mir ist es auch so, es soll doch bitte jeder selber entscheiden, was er tut und was er nicht tut. Ich glaube, ich habe selber genug direkt an meiner eigenen Haustür zu tun. Mir wird niemals einfallen, dass ich irgendwen deswegen verurteile, nur weil er Fleisch isst. Das hat aber auch den Hintergrund, dass ich dieses pflanzlich und vollwertig deswegen für mich brauche oder möchte, weil ich einfach gesund sein möchte. Da haben jetzt... okay, jetzt werde ich wahrscheinlich gleich ein bisschen schief angeguckt, da haben die Tiere jetzt nicht die höchste Priorität. Schon auch, aber für mich ist es einfach immer vorwiegend meine Gesundheit wichtig. Genau.

Marion:
Na ja, aber das kann ja jeder entscheiden, wie er will. Also es muss ja nicht jeder ethischer Veganer sein. Das ist ja Wahnsinn. Nein, das... nein, aber ich bin ja schon wüst beschimpft worden, weil ich einfach sage, es soll jeder so machen, wie er machen will. Und wo kämen wir denn dahin?

Jasmin:
Und wenn jeder so denkt wie du, dann geht die ganze Massentierhaltung ja weiter. Und immer einfach denke: „Leute, ihr müsst einfach ein bisschen mehr in das Thema Eigenverantwortung gehen.“ Es muss für mich vor allem vertretbar sein. Ich kann nicht für alles und jeden die Verantwortung übernehmen, und ich kann auch nicht die Verantwortung für die Massentierhaltung übernehmen. Und wenn ich das für mich selber entscheiden muss, dann kann ich das nicht.

Jasmin:
Ja, das verstehe ich schon, aber da steckt halt auch eine ganze Industrie dahinter und deswegen denke ich mir auch wieder, Thema Eigenverantwortung. Du entscheidest für dich selber, was du essen möchtest. Es gibt dieses Angebot nicht. Entweder du schaffst dieses Angebot, ja, entweder gehst du hinaus und bietest das an oder du machst das in deinem Rahmen für dich zu Hause. Also ich würde niemals irgendwen dafür an den Pranger stellen, wenn es irgendwelche Alternativen für mich nicht gibt. Also fühle mich nicht diskriminiert, sondern wenn die was haben will, dann mache ich es ganz einfach. Aber ich bin auf jeden Fall bei dir. Das Thema Massentierhaltung und Alternativen, da gibt es auf jeden Fall noch Luft nach oben.

Marion:
Ja, obwohl das ja auch schon viel, viel besser geworden ist in den letzten Jahren. Und wie machst du das mit deiner Tochter? Was ist die so?

Jasmin:
Ja, da triffst du jetzt wirklich einen runden Punkt. Mein Kind ist so dieses typische „Ich will alles Ungesunde und alles Gesunde sehe ich als Gift. So muss ich es ja schon fast aussuchen. Meine Kleine hat echt so diesen Drang zu Wurst und Käse, wobei ich ja sagen muss, das gibt es ja mir wenig bis gar nicht und deswegen kriegt sie es halt mehr bei Oma und Opa. Und solange die mich dann nicht unterstützen in dieser Ernährungsweise und in dieser Lebensweise, werde ich es ein bisschen schwer haben. Und mein Kind ist jetzt dreieinhalb, sie wird ja älter und durch das wird sie dann auch immer mehr verstehen, was es eigentlich heißt, Wurst zu essen oder Fleisch zu essen. Bis dato bin ich aber nicht gewillt, ihr das zu verbieten. Ich versuche das immer wieder, ihr Alternativen zu schaffen. Es ist einfach noch nicht ihr's. Und selbst als Ernährungstrainerin, muss ich ganz ehrlich sagen, stoße ich da bei meinem Kind auf taube Ohren. Noch dazu muss ich sagen, habe ich wahrscheinlich auch wenig Geduld, mit ihr genug auseinander zu setzen. Aber sie darf das bitte selber entscheiden, weil es fängt dann in der Krabbelgruppe an, dann kommt sie in den Kindergarten, Schule, sie tauschen gegenseitig das Essen und sie hat ...

Jasmin:
Also das ist mir zu viel Stress und alles, was dann für mich mit Stress zu tun hat, ist dann gleichzeitig auch nicht mehr so gesund.

Marion:
Ja, gerade auch, wenn Stress mit Ernährung dann was zu tun hat und das Kind merkt, dass sowieso und dann macht es sowieso, was es will.

Jasmin:
Ja, und sobald ich anfange, irgendwas zu verbieten oder sie hat dann als Einzige irgendwas komplett anderes, das ist bei Kindern ganz dramatisch, denn dann will sie das bei dir nicht. Sie will dann einfach genau das haben, was alle anderen haben. Und deswegen lasse ich ihr da einen gewissen Spielraum, wo ich sage: „Okay, du darfst da einmal in der Woche, keine Ahnung, so ein Knabbernossi essen, das ich beim Bauern kaufe oder so, ist für mich völlig in Ordnung. Solange das nicht jeden Tag ist, ist es für mich in Ordnung. Und der Großteil wird eh bei den Großeltern konsumiert. Es gibt hauptsächlich vegetarisch-vegane Kosten. Aber Ja, ich denke mal, es darf sein. Es kommt der Zeitpunkt früh genug, wo sie dann einfach versteht, was das heißt.

Marion:
Ja, die ist ja auch dann auch klein, also mit dreieinhalb. Und es ist ja auch nicht das einfachste Alter, was so ... Beziehungsweise, da ist es ja gerade noch die Selbstbestimmung, die Loslösung und dann ...

Jasmin:
Ja, und ich denke mir, das darf ja auch sein. Ich meine, ich habe es dann ganz lustig gefunden auf Facebook, glaube ich, war das in irgendeiner Gruppe, die dann gesagt hat: „Ja, weil ich gesagt habe: „Ich schaffe es bei meiner der Kleine nicht als Ernährungstrainerin: „Ja, das ist doch ein Glaubenssatz und man muss da drauf arbeiten können. Und wenn man will, dann gibt es da auch einen Weg. Und ich denke mir einfach so: „Hey Leute, ganz ehrlich, wenn es für mich in Ordnung ist, brauche ich mich nicht bekehren lassen.

Marion:
Und wenn du jetzt so was kochst, so einen Curry zum Beispiel, isst sie das dann?

Jasmin:
Nein. Also meine Meine Kleine ist ein absoluter Fan von Trennkost. Ihr weiß nicht, wie es mit deiner Kleine ist? Kenne ich, ja. Also wenn wir essen, dann hat sie da drei Schälchen und einen Teller. In der einen sind die Karotten und sie möchte Rohkost. Sie möchte gekochtes Gemüse geht einfach überhaupt nichts für sie. Also Karotten, Gurken, Kolradi, das isst sie dann einfach zum kalten oder warmen Reis, je nachdem. Und mehr ist es nicht. Ich darf da keinen Salz drauf machen, ich darf da kein Öl drauf machen, ich darf da überhaupt nichts. Sie isst es einfach so.

Marion:
Ja, das ist bei meiner Tochter auch so. Also sobald ich irgendwas zusammenmische und ich koche eigentlich gerne so einfach alles in einem Topf und fertig ist die Geschichte, so ganz einfach und dann auch gerne für gleich eine große Portion, sodass es für mehrere Mahlzeiten reicht, aber da kann ich ihr überhaupt nicht mitkommen. Aber andererseits ist es dann auch eigentlich einfach, weil Rohkost kann man immer schnell schneiden einfach und irgendwie so eine Kohlenhydratbeilage oder ein paar Hülsenfrüchte. Das macht sie Gott sei Dank. Jetzt hat sie angefangen, dann echt so Kichererbsen isst sie dann gerne so als so eine Art Nuss zwischendurch oder auch so zum Abendessen. Das finde ich ganz praktisch. Das finde ich beruhigend, dass sie mindestens das isst. Also wenn schon nicht in dem Super Curry oder in der Super Falafel oder was auch immer ich da versucht habe, irgendwelche Fancy, da gibt es dann ja auf Pinterest oder so, diese ganzen supersachen, die die Leute da machen für ihre Kinder. Irgendwelche Gemüsepuffer und mit Dipp und dann mit Gesichtern drauf oder so. Meiner Tochter ist das so egal.

Jasmin:
Voll, meine Tochter auch. Das interessiert sie überhaupt nicht. Überhaupt nichts.

Marion:
Und da hatte ich echt teilweise ein schlechtes Gewissen: „Was bin ich für eine schlechte Halbveganermutter, wenn meine Tochter dann lieber die Wurst von ihrem Vater, der Papa ist totaler Fleischfan, isst als meine Superkreation. Ich hatte das dann auch teilweise aufgegeben. Ich meine, wieso soll ich da stundenlang diese Bratlinge herstellen, wenn sie die dann doch gar nicht isst? Er das versteht. Einmal im Monat das probiert und dann dachte ich: „Ja, koche ich jetzt eigentlich gar nicht für sie? Was mache ich hier?

Jasmin:
Ja, ja, voll. Und dann echt versuchen da, so viele Alternativen wie möglich zu schaffen und im Endeffekt ist egal, was du machst. Es ist einfach nicht gerecht. Meine Kleine ist jetzt auch in dem Auto, wo ich dann sage: „Ja, Mia, was hättest du gerne? Ich merke einfach, dir schmeckt mein Essen nicht. Was kann ich machen, damit es besser ist? Möchtest du lieber dieses? Oder jederseits. Ich versuche da jetzt schon, im Austausch zu gehen. Und als Mutter, ich meine, du kennst es eher selber, ich habe auch ständig ein schlechtes Gewissen. Kriege sie genug von allem. „mei, dieses arme Kind, oh mein Gott, eine Rabennutter, die will sich gesund ernähren und bevor mein Kind sich gesund ernährt, esse ich lieber gar nichts. Die ist so die Mentalität von meinem Kind gerade. Oder wenn es dann, meine Ex-Schwiegermutter, die wohnt genau neben uns, dann geht es einfach zur Oma rüber und holt sich da ihre Kekse und keine Ahnung was. Das ist ja auch schwierig. Das ist ja auch schwierig. Das ist ja auch schwierig. Ja, das ist voll schwierig. Ich habe da jetzt letztes Mal eine kleine Auseinandersetzung gehabt, weil ich mir denke: „Hey, wenn da immer irgendwer ist, der da unbewusst gegen mich arbeitet, werde ich da über kurz oder lang sowieso keine Chance haben.

Marion:
Ja, das stelle ich mir dann auch. Ja, das war bei uns auch so ähnlich. Eigentlich meine ehemalige Schwiegermutter, die ernährt sich auch vegetarisch, die kocht aber regelmäßig Massen an Fisch. Und dann habe ich da versucht, irgendwelche Sachen zu produzieren für meine Tochter. Und dann hat aber die Oma da echt so ein riesen Lachsfilet irgendwie vom Discounter, weißt du, in so einem riesigen, eingeschweißten Ding. Weißt du, woher der Fisch kommt? Dann hat die das gebraten und dann hat die Kleine da echt so 200 Gramm Lachs in sich reingestopft. Okay, ja. Hätte ich schon gedacht, wenn ich dann mit der alleine wohne, was ist die denn dann? Wie kompensiert die denn dann diese Omega-3-Fettsäuren, die sie dann da anscheinend in dem Lachs zu sich nimmt? Aber ja, jetzt hat sie irgendwie Leinsamen und Chia-Samen für sich entdeckt mit Sojamilch. Also keine Ahnung. Aber wenn man dann immer so eine Alternative angeboten bekommt von Familienmitgliedern, ja, das macht es natürlich nicht leichter.

Jasmin:
Nein, es ist total schwierig. Und ich merke eben, dass mein Kind jetzt auch auf gewisse Lebensmittel halt auch reagiert.

Marion:
Echt?

Jasmin:
Wo ich halt dann einfach ein bisschen vorsichtiger bin, weil ich halt selber weiß, was das heißt, wenn man auf Lebensmittel reagiert. Natürlich kannst du es dir vorstellen, tierische Produkte, wo sie wirklich ... Ich weiß nicht, ob ... Es ist ein richtig heftiger Ausschlag, aber es ist nur ein Zeichen auf der Haut. Es ist wie so ein Ring den Ellbogen herum, der wird ganz rot und wir waren auch schon beim Arzt, wir haben einen Allergietest gemacht und ich glaube, dass es wirklich mit dem Darm zusammenhängt, weil sie richtig gern Brot isst, richtig gern Schinken isst, richtig gern Käse isst und wir machen jetzt dann demnächst, okay, das ist jetzt ein bisschen nicht so geschmackvoll, aber wir werden dann einmal eine Stuhlprobe machen, weil ich glaube, dass es mit den Darmbakterien zusammenhängt. Aber beim Allergietest, wir haben da über 1.000 Stoffe austesten lassen. Es ist da einfach nichts herausgekommen.

Marion:
Aber das ist ja interessant. Das sind ja genau die Sachen, die du auch gegessen hast, bevor du da in Indien festgestellt hast, dass dir das gar nicht guttut.

Jasmin:
Deswegen bin ich ja so alarmiert, wo ich dann immer wieder sage zu den Großeltern: „Bitte gebt ihr das nicht, weil jeder glaubt ja dann immer: „Ich gönne ihr das nicht“ oder „Ich will ihr irgendetwas verbieten“ und ich sage dann immer nur ganz klar: „Hey, liebe Leute, schaut euch den Ausschlag an. Das kommt ja nicht von irgendwo. Und ich bin da einfach besorgt um die Gesundheit von meinem Kind. Und deswegen brauche ich da einfach ein bisschen Unterstützung. Und natürlich verstehe ich, dass die Großeltern dann sagen: „Ich bin halt die Oma und ich möchte mein Kind verwöhnen.“ Ja, aber was ist der Preis dafür?

Marion:
Das würde mich auch ärgern.

Jasmin:
Ich habe dann ständig diesen Stress mit meinem Kind, wobei ich die harte Arbeit mache. Deswegen bin ich auch der Meinung, dass ich das Recht habe, mein Kind zu verwöhnen und nicht umgekehrt.

Marion:
Ja, klar.

Jasmin:
Sonst hat man nur die Rosinen, die man sich da rauspickt. Ja, aber das ist auch deswegen so schade, weil Ernährung ist ja auch oft einfach nur eine Gewohnheitssache und gerade Kinder gewöhnen sich ja so schnell daran. Ich meine, gibt es jetzt immer nur Vollkornbrot, dann kommt kein Kind, glaube ich, auf die Idee, vom Weißbrottoast noch den Rand abzuschneiden.

Marion:
Meine Mutter arbeitet in der Kita, die erzählt immer wieder von Eltern, die ihren Kindern weißes Toastbrot mitgeben und da sogar noch den Rand abmachen, also so was.

Jasmin:
Okay, das gibt es noch?

Marion:
Da muss man erst mal drauf kommen. Aber klar, die Kinder würden dann nie ein Vollkornbrot essen und umgekehrt die liebe Verwandtschaft. Das ist gar nicht so einfach.

Jasmin:
Das ist immer ein bisschen schwierig, auf der anderen Seite, wenn ich zurückdenke an meine Kindheit, oh Gott, wir hatten so diese typischen Dreh-und-Trink. Weiß nicht, ob dir die noch was sagen, die haben ein komplettes Zuckerwasser einfach. Dann hatten wir Kaptivfruchtzwerge, wir hatten Kaptiv-Hilfschnitten, wir hatten gefühlt den ganzen Tag nichts anderes bei der Oma. Da gab es dann so einen Kuchen und literweise Kakao.

Marion:
Ja, mein Opa hatte gute Kontakte zu so einem Bäcker und mein Opa hatte, als wir klein waren, ein Pferd, und der Bäcker hat ihm dann immer alle Sachen vom Vortag mitgegeben, auch die ganzen Teilchen und Kuchen und so weiter. Und meine Oma hatte zwei Tiefkühltruhen und eine war voll mit den ganzen Bäckersachen. Und wir wurden in unserer Kindheit so damit gefüttert, mit Amerikanern und Schweinsohren gab es ständig, diese Blätterteig-Geschichten, so mit Zuckerglasur drüber.

Jasmin:
Ja, Wahnsinn.

Marion:
Absolut. Hast du ein Lieblingsessen? Also wenn du das nur für dich kochst, was kochst du dir dann am liebsten?

Jasmin:
Ja, kann ich dir schon sagen. Also da gibt es zwei verschiedene Dinge. Ich lieb's halt einfach, aber es ist halt richtig geil: Ofengemüse. Ofengemüse in allen Variationen. Und was ich halt auch gern mache, sind diese Bowls. Das ist ja mega hip und mega modern, aber ich hab das tatsächlich wirklich schon seit Ewigkeiten so gegessen. Und zwar hast du eben Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und das mixe ich dann einfach ganz gerne. Da hast du ja überhaupt keine Grenzen für Fantasie oder Kreativität und gerne was mit Tofu und alles frisch und eigene Dressings kreieren. Ja, ich liebe das einfach. Am liebsten habe ich das im Sommer, wenn es schnell gehen soll, einfach Reis und dann einfach ein bisschen Gemüse zusammengeschnitten, zack, zack, vielleicht noch ein paar oder ein bisschen ein bisschen Zitrone drüber, ein bisschen Sojasoße. Genau, so was in der Art.

Marion:
Okay, also du hast auch noch ... Also als Dressing ... Ich bin da mit den Dressings manchmal so ein bisschen einfallslos. Ich benutze meistens Leinenöl oder so was und Sojasoße, und dann hört's bei der Kreativität auch schon auf. So für Bowls, hast du da noch irgendeine tolle Sauce oder so?

Jasmin:
Ja, die letzte, die ich gemacht habe, die war mit Zitronensaft, mit Tomatenmark, Salz, Pfeffer und ein bisschen Sojasoße und Wasserleinöl, Olivenöl, Olivenöl, ich weiß nicht. Habe das eben in mein super Schraubglas reingefüllt, habe das richtig gut geschüttelt, sodass das so richtig ein bisschen sämig wird, bei uns sagt man sämig, ein bisschen dicker. Genau, und habe das dann drüber gemacht. Also ich tue ja grundsätzlich nicht nach Rezept kochen, gell? Ja, das mache ich auch nicht. Ja, das mache ich auch nicht. Genau, ich mache da einfach frei Schnauze, und das wird dann eigentlich immer ganz gut.

Marion:
Ja, das klingt toll.

Jasmin:
Du kannst da gerne so Avocado drücken, zerdrücken und dann halt mit Zitronensaft und so schauen, dass das ein bisschen dünner wird und dann eben auch noch über deinen Bowl geben, über einen Salat geben. Genau. Ich mache voll viel mit Zitronensaft.

Marion:
Ja, ich habe das von meiner Schwiegermutter, die benutzt manchmal so ein ... Wie heißen denn die kleinen Dinger? Limetten. Das ist manchmal auch ganz cool, je nachdem, welche Komponente man da hat. Super lecker. Passt das manchmal auch richtig gut zusammen.

Jasmin:
Super lecker.

Marion:
Jetzt kriege ich Appetit, obwohl ich gerade erst eigentlich was gegessen habe. Ich habe neulich versucht, so einen Dip zu machen aus Sonnenblumenkernen, aber weil ich keinen Vitamix oder so was habe, ist das ziemlich körnig geworden und war gar nicht so toll. Und dann habe ich das so als Basis weiter benutzt für Spaghetti. Ja, nicht Bolognese, aber so eine Linsenbolognese. Und das war richtig gut. Also das hat die Sauce so richtig cremig und sämig gemacht.

Jasmin:
Ja, richtig lecker. Hast du sie vorher eingeweicht, oder? Die Sonnenblumenkerne?

Marion:
Ja, die waren immer noch eingeweicht, aber mein Pürierstab ist an seine Grenzen gestoßen.

Jasmin:
Ja, verstehe. Ja, das mag ich auch gern. Ich habe auch mal so einen Leinsamenaufstrich gemacht. Richtig gut. Da war sogar ein bisschen Apfelessig dabei. Die werden dann vorher angeröstet, dann muss man sie halt in ... Also ich packe sie in den Mixer und schaue, dass sie so richtig pulverisiert wird und dann eben ein bisschen mit Apfelessig und ich weiß gar nicht, was da noch alles drinnen war. Auf jeden Fall war das richtig lecker.

Marion:
Klingt toll, ja. Und ist ja auch so regional. Ich finde Leinsamen irgendwie sehr sympathisch.

Jasmin:
Ja, super sympathisch. Gut für den Darm.

Marion:
Ja, auf jeden Fall. Jetzt haben wir schon eine Stunde gesprochen. Wahnsinn.

Jasmin:
Schnell vergeht die Zeit.

Marion:
Schnell vergeht die Zeit. Ja, wenn jetzt die Zuhörerinnen und Zuhörer dich finden wollen, wo kann man dich finden?

Jasmin:
Auf Instagram kann man mich finden, unter Jasmin Gatterer oder auf Facebook kann man mich auch finden, genau unter demselben Namen. Ich habe auf Facebook eine Gruppe, die heißt „Pflanzlich, Vollwertig, Gesund und Köstlich“. Da weißt du, wer Interesse hat, einfach beitreten. Wir freuen uns immer über neuen Input und einen respektvollen Austausch und sonst einfach anschreiben, falls jemand Lust und Laune hat.

Marion:
Okay, ich verlinke das in den Show Notes. Die Gruppe kann ich auch sehr empfehlen. Da gibt es immer tolle Rezepte und Inspiration.

Jasmin:
Genau. Jeder darf sich da frei ausleben, solange es respektvoll ist.

Marion:
Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank, dass du da warst. Vielen Dank für deine Zeit und hab noch einen schönen Tag.

Jasmin:
Ja, danke schön. Danke.

Marion:
Mach’s gut. Tschüss.
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5 thoughts on “Jasmin Gatterer: Will ich es oder brauche ich es?

  1. Kiki says:

    Ich finde den Podcast eigentlich super, aber die Folge 14 ehrlich gesagt echt schwierig. Das Thema Mutterschaft wird auf eine so arrogante und herablassende Art idealisiert, wie der Gast es lebt und dann beim Thema Ernährung/Veganismus die eigene Haltung als tolerant angepriesen. Einfach unsympathisch. Schade.

    Antworten
    1. Marion says:

      Hallo Kiki,

      vielen Dank für deinen Kommentar und deine Meinung.
      Was meinst du denn damit, dass Jasmin Mutterschaft idealisiert?

      Herzliche Grüße
      Marion

      Antworten
      1. Kiki says:

        Ich meine die Art, wie die Mutterschaft lebt. Zum Beispiel Stillen, keine Beikost und die Entscheidungen von studierten Spezialist*innen (Ärzt*innen) in Frage stellend…
        Ich finde all das in Ordnung, habe es selbst nicht anders gemacht, aber der Ton anders Lebenden gegenüber klingt abwertend und belächelnd. Und teilweise respektlos, wenn einer Berufsgruppe die Kompetenz abgesprochen wird, Errungenschaften wie U Untersuchungen pauschal in Frage gestellt werden und später Veganer über einen Kamm geschoren werden.

        Antworten

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